Vor 140 Jahren, am 28. November 1881, wurde der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig geboren. Er gehörte zu den bedeutendsten deutschsprachigen Erzählern seiner Zeit — und auch zu den produktivsten: über 130 Bücher, zahlreiche journalistische Arbeiten und unzählige Briefe verfasste er im Laufe seines Lebens. Zu seinen bekanntesten Arbeiten zählen die Schachnovelle, die Sammlung historischer Miniaturen Sternstunden der Menschheit und seine Erinnerungen, Die Welt von Gestern — Erinnerungen eines Europäers

Stefan Zweig stammte aus einer großbürgerlichen jüdischen Familie, die nicht religiös war. Er selbst bezeichnete sich später einmal als „Jude aus Zufall“. Das Judentum beschäftigte ihn jedoch sein ganzes Leben lang, auch in seinem literarischen Schaffen. 

Wir haben Zweigs Jahrestag zum Anlass genommen, um drei seiner Novellen, in denen jüdische Themen jeweils eine zentrale Rolle spielen, nochmals zu lesen. Ihn allen dreien entfaltet sich die Zweigsche Erzählkraft und -kunst in gleichsam beeindruckender und mitreißender Art und Weise.

Der begrabene Leuchter (1937) handelt von der legendären Wanderschaft des Heiligen Leuchters — der aus geläutertem Gold gefertigten Menorah aus Schelomos Tempel — von Jerusalem nach Rom, weiter nach Karthago und Byzanz und schließlich wieder zurück in die Heilige Stadt. Die Erzählung setzt ein zur Zeit der Plünderung Roms durch die Vandalen Anno 455. Die Vandalen raubten die Ewige Stadt binnen kürzester Zeit gänzlich leer. Zu ihrer Beute zählte auch jener siebenarmige Leuchter, den Titus knapp 400 Jahre zuvor als Kriegsbeute von Jerusalem nach Rom gebracht hatte. 

Die Ältesten der jüdischen Gemeinde Roms gehen den Beutewagen heimlich hinterher, um Abschied von ihrem Heiligtum zu nehmen. In ihrer Mitte ist der siebenjährige Knabe Benjamin, der das Gesehene und Erlebte den kommenden Generationen berichten soll. 

Benjamin wird dem Leuchter zweimal ganz nahe kommen — und zwar in jener Nacht im Hafen von Rom, und ein zweites Mal viele Jahre später in der Fremde.

Buchmendel (1929) erzählt die Geschichte des galizischen Buchhändlers Jakob Mendel, der im Wiener Café Gluck sein „Büro“ eingerichtet hat. Ausgestattet mit einem begnadeten Bücherwissen zählt er auch hochrangige und einflussreiche Persönlichkeiten zu seinem Kundenkreis. So virtuos er sich aber in der Welt der Bücher bewegt, so unbeholfen gebärt er sich in der realen. Vom Beginn des Ersten Weltkriegs hat er, der nur Bücherverzeichnisse und keine Tagespresse liest, nichts mitbekommen, und so korrespondiert er sorglos weiter mit Kunden im feindlichen Ausland. Dies zieht schon bald die Aufmerksamkeit der militärischen Zensur auf ihn — mit dramatischen Folgen für Jakob Mendel.

Rahel rechtet mit Gott (1928) ist ein bewegende „Verteidigungsrede“, die Stammmutter Rachel vor Gott hält. Gott, erzürnt wegen der wiederholten Gesetzesuntreue seines Volkes Israel, will seine Stadt Jerusalem zerstören. Rachel steigt aus ihrem Grab empor und ruft den Schöpfer direkt an. Sie, die ihren geliebten Jakob, der ihr versprochen war und auf den sie sieben Jahre sehnsüchtigst gewartet hat, im letzten Moment unverhofft ihrer älteren Schwester überlassen musste, erinnert daran, wie sie der Glaube an einen gerechten, vergebenden und gutmütigen Gott durch diese schwere Prüfung geholfen hat.

Schafft sie es, den Allmächtigen zu besänftigen und ihre Nachkommen vor der drohenden Katastrophe zu retten?